Im Garten
Es sind so viele Vogelkirchen um mich herum, große Bäume, ihre Äste streifen das Gras, und sie stehen eben jetzt im vollen Schmuck ihrer weißen Blüten und ihres zartesten Grüns, daß er Garten aussieht wie bei einer Hochzeitsfeier. Ich habe noch nie solche Unmengen von Vogelkirschen gesehen; sie scheinen überall zu sein. Selbst hinter dem Flüßchen, das im Osten an den Garten grenzt, und mitten im Kornfeld da drüben steht ein riesiger Baum, ein Bild der Anmut und Pracht gegen das kühle Blau des Frühlingshimmels.[1]
Der Löwenzahn bedeckte wie ein Teppich die drei Rasenflächen – einst war es Rasen, er ist aber seit langem zur Wiese erblüht mit allerlei hübschem Unkraut -, und unter und zwischen den Gruppen kahler Eichen und Birken wuchsen scharenweise blaue Leberblümchen, weiße Anemonen, Veilchen und Scharbockskraut. Letzteres entzückte mich besonders mit seinem gefälligen frohen Glanz, so adrett hübsch und frisch lackiert, als hätten auch bei ihm die Anstreicher ihr Werk getan. Als dann die Anemonen verschwunden waren, tauchten vereinzelt Immergrün und Weißwurz auf, und wie auf einen Schlag erblühten all die Vogelkirschen. Und dann, noch ehe ich mich ein wenig an die Freude über ihre Blütenpracht vor dem weiten Himmel gewöhnt hatte, erschien der Flieder – ganze Heerscharen Flieder: in Büscheln über den Rasen verstreut, zusammen mit anderen Sträuchern und Bäumen längs der Wege, und ein großer zusammenhängender Fliederwall zog sich gleich hinter der Westfassade des Hauses dahin, eine halbe Meile lang, soweit der Blick reichte, und hob sich herrlich gegen den Kiefernhintergrund ab. Als dann auch noch, kurz bevor alles vorbei war, die Akazien ihre Blüten zeigten und vier große Büsche blasser silberrötlicher Pfingstrosen unter den Südfenstern aufblühten, war ich so überglücklich, so selig und dankbar, wie ich es gar nicht schildern kann. Meine Tage schienen in einem Traum rosaroten und purpurnen Friedens dahinzuschmelzen.[2]
Diese Beete waren das einzig sichtbare Zeichen eines Versuchs, den Garten zu kultivieren (außer einem einsamen Krokus, der aus eigenem Antrieb jedes Frühjahr sproß, nicht weil er es wollte, sondern weil er nicht anders konnte), und in all diesen elf Beete hatte ich Prunkwinden gesät, nachdem ich einen deutschen Gartenratgeber gefunden hatte, demzufolge Prunkwinden in Riesenmengen das einzig Brauchbare seien, um die abscheulichste Einöde in ein Paradies zu verwandeln. Nichts anderes wurde in diesem Buch mit derselben Wärme empfohlen, und da ich nicht den geringsten Schimmer hatte, wieviel Samen notwendig war, kaufte ich zehn Pfund und ließ sie nicht nur in den elf Beeten aussäen, sondern um fast jeden Baum herum und wartete dann in großer Erregung auf das versprochene Paradies. Nichts geschah, und ich erhielt meine erste Lektion.[3]
Meine Rosen haben sich im ganzen so verhalten, wie zu erwarten war, und die Vicomtesse Folkestones und Laurette Messimys haben herrlich geblüht, letztere waren bei weitem das Schönste im Garten, jede Blüte aufs feinste locker zusammengesetzt aus einzelnen korallenrötlichen Blütenblättern, die nach innen hin zu einem Weißgelb verblassen. Ich habe hundert Rosenbäumchen bestellt, um sie im nächsten Monat einzupflanzen, die Hälfte davon Vicomtesse Folkestones, weil die Teerosen die Angewohnheit haben, ihre Köpfchen zu senken, so daß man sich niederknien muß, um sie in ihrer Zwerggröße richtig anschauen zu können – nicht, als ob es mir mißfiele, daß man das Knie vor solch vollkommener Schönheit beugt, nur macht man sich dabei die Kleidung dreckig. Ich werde darum Rosenbäumchen beiderseits des Wegs unter den Südfenstern setzen und somit die Blumen in passender Höhe zur Huldigung haben. [4]
In der ersten Wonne darüber, einen Garten ganz für mich allein zu haben, und in meiner brennender Ungeduld, die öden Flecken Land rosig erblühen zu lassen, schlich ich mich doch tatsächlich verstohlen an einem warmen Sonntag im April letzten Jahres während der Mittagsstunde des Personals, doppelt sicher vor dem Gärtner durch den Feiertag und die Essenszeit, mit einem Spaten und einer Harke hinaus und hob fieberhaft ein kleines Stück Boden aus, wühlte die Erde um, säte heimlich Prunkwinden und rannte völlig erhitzt und schuldbewußt wieder zurück ins Haus, ließ mich in einen Sessel fallen, hinter ein Buch verschanzt, und setzte eine gleichgültige Miene auf, gerade noch rechtzeitig, um meinen guten Ruf zu retten. Und warum darf man das nicht? Es ist nicht anmutig, und es macht einen heiß; aber es ist eine gesegnete Art von Arbeit, und hätte Eva im Paradies einen Spaten gehabt und etwas damit anfangen können, hätten wir nicht diese ganze traurige Geschichte mit dem Apfel.[5]
Ich gebrauche das Gewächshaus nicht, um etwas hochzuziehen, weil ich Pflanzenzeug nicht mag, das den Garten nur drei oder vier Monate im Jahr verträgt, ansonsten Gutzureden und Hätscheln erfordert. Gebt mir einen Garten voller robuster, gesunder Geschöpfe, die Rauheit und Kälte überstehen können, ohne gleich klein beizugeben und einzugehen. Ich habe nie eine schwächliche Konstitution für etwas Hübsches halten können, weder bei Pflanzen noch bei Frauen. Zweifellos lassen sich viele liebliche Blumen durch Treibhaushitze und stetes Hätscheln heranziehen, andererseits kann man jede von ihnen durch fünfzig andere noch lieblichere ersetzen, die dankbar in Gottes gesunder Luft wachsen und dafür mit viel intensiverem Duft und leuchtenderen Farben gesegnet sind.[6]
Ich liebe Tulpen mehr als alle andern Frühlingsblumen; sie sind das Inbild munterer Heiterkeit und graziler Anmut, und neben einer Hyazinthe sieht eine Tulpe aus wie ein gesundes, frisch gebadetes junges Mädchen an der Seite einer gesetzten Dame, die mit jeder Bewegung die Luft mit Patchouli schwängert. Ihr zart-dezenter Duft ist Raffinement par excellence; und gibt es etwas Anmutigeres als die Lebhaftigkeit, mit der sie ihr Gesichtchen zur Sonne hochhebt? Wie ich höre, hält man sie für dreist und prunkend, auf mich wirken sie aber nur bescheiden anmutig, allerdings immer erpicht, das Leben soviel wie möglich zu genießen, und dabei sehen sie der Sonne oder sonst einer höheren Macht furchtlos ins Auge.[7]
Miranda schlief im Obstgarten, oder schlief sie, oder schlief sie nicht? Ihr purpurfarbenes Kleid war ausgebreitet zwischen zwei Apfelbäumen. Es gab vierundzwanzig Apfelbäume im Obstgarten, einige von ihnen leicht geneigt, während andere ganz gerade und eilig den Stamm hinaufstrebten, der sich zu Ästen ausbreitete und sich zu runden roten oder gelben Tropfen formte. Jeder Apfelbaum hatte genügend Platz. Der Himmel paßte den Blättern wie angegossen. Wenn die Brise wehte, neigte die Linie der Äste vor der Mauer sich leicht und kam dann wieder zurück. Eine Bachstelze flog quer von einer Ecke in die andere. Vorsichtig hüpfend näherte sich eine Drossel einem heruntergefallenen Apfel; von der Mauer her flatterte ein Spatz niedrig über das Gras. Das Hinaufstreben der Bäume wurde durch diese Bewegungen nach unten gebunden; das Ganze wurde von den Mauern des Obstgartens zusammengepreßt. Meilen tief war unten die Erde zusammengedrückt; kräuselte sich an der Oberfläche mit wabernder Luft; und in der Ecke des Obstgartens wurde das Blaugrün von einem purpurnen Strich aufgeschlitzt. Als der Wind umschlug, wurde ein Bund Äpfel so hoch geworfen, daß es zwei Kühe auf der Weide auslöschte („Oh, ich komme zu spät zum Tee!“ rief Miranda), und die Äpfel hingen gerade vor der Mauer.[8]
Es war ein Lärmen von zwitschernden Sperlingen in den Blättern des Efeus, die von grünem Lack überzogen glänzten, und die blauen Wolkenschatten jagten wie Schwalben über das Gras. Wie lieblich war es in dem Garten, und wie reizend die Empfindungen anderer Leute! – viel reizender als ihre Ideen, schien es ihm.[9]
Unter diesen Worten waren sie bis in den Garten bekommen, an eine Stelle, wo viel Buchsbaum stand, dem Poetensteige gerad gegenüber. „Sehen Sie hier, Hauptmann, das wäre so was. Niedrige Buchsbaumwand. Da haben wir Luft und doch keinen Zug. Denn vor Zug muß ich mich auch hüten wegen Rheumatismus, oder vielleicht ist es auch Gicht. Und dabei hören wir das Plätschern von meiner Sanssouci-Fontäne. Was meinen Sie?“ „Kapital, Herr Major.“ „Ach, lassen Sie den Major. Major klingt immer so dienstlich ... Also hier, Engelke, hier decke den Tisch und stell auch ein paar Fuchsien oder was gerade blüht in die Mitte. Nur nicht Astern. Astern sind ganz gut, aber doch sozusagen unterm Stand und sehen immer aus wie’n Bauerngarten. [10]
Die Chaussee lief hier, auf eine gute Strecke, zwischen Pappeln hin; als man aber bis in unmittelbare Nähe von Kloster Wutz gekommen war, hörten diese Pappeln auf, und der sich mehr und mehr verschmälernde Weg wurde zu beiden Seiten von Feldsteinmauern eingefaßt, über die man alsbald in die verschiedensten Gartenanlagen mit allerhand Küchen- und Blumenbeeten und mit vielen Obstbäumen dazwischen hineinsah. Ale drei ließen jetzt die Pferde wieder in Schritt fallen..„Der Garten hier links“, sagte Woldemar, „ist der Garten der Domina, meiner Tante Adelheid; etwas primitiv, aber wundervolles Obst. Und hier gleich rechts, da bauen die Stiftsdamen ihren Dill und ihren Meiran. Es sind aber nur ihrer vier, und wenn welche gestorben sind – aber sie sterben selten -, so sind es noch weniger.“[11]
Der Garten war von sehr ländlicher Art. Durch seine ganze Länge hin zog sich ein von Buchsbaumrabatten eingefaßter Gang, neben dem links und rechts, in wohlgepflegten Beeten, Rittersporn und Studentenblumen blühten. Gerade in seiner Mitte weitete sich der sonst schmale Gang zu einem runden Platz aus, darauf eine große Glaskugel stand, ganz an die Stechliner erinnernd, nur mit dem Unterschied, daß hier das eingelegte blanke Zinn fehlte. Beide Kugeln stammten natürlich aus der Globsower „grünen Hütte“. Weiterhin, ganz am Ausgange des Gartens, wurde man eines etwas schiefen Bretterzaunes ansichtig, mit einem Pflaumenbaum dahinter, dessen einer Hauptzweig aus dem Nachbargarten her in den der Domina herüberreichte.[12]
„Nun, Czako“, sagte Woldemar, „bleiben wir, wenn’s sein kann, noch ein bißchen weiter zurück. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie gern ich in diesem Garten bin. Allen Ernstes. Ich habe hier nämlich als Junge hundertmal gespielt und in den Birnbäumen gesessen; damals standen hier noch etliche, hier links, wo jetzt die Mohrrübenbeete stehen. Ich mache mir nichts aus Mohrrüben, woraus ich übrigens schließe, daß wir heute welche zu Tisch kriegen. Wie gefällt Ihnen der Garten?“ „Ausgezeichnet. Es ist ja eigentlich ein Bauerngarten, aber doch mit viel Rittersporn drin. Und zu jedem Rittersporn gehört eine Stiftsdame.“ „Nein, Czako, nicht so. Sagen Sie mir ganz ernsthaft, ob Sie solche Gärten leiden können.“ „Ich kann solche Gärten eigentlich nur leiden, wenn sie eine Kegelbahn haben. Und dieser hier ist wie geschaffen dazu, lang und schmal. Alle unsre modernen Kegelbahnen sind zu kurz, wie früher alle Betten zu kurz waren. Wenn die Kugel aufsetzt, ist sie auch schon da, und der Bengel unten schreit einen an mit seinem ‚acht um den König’. Für mich fängt das Vergnügen erst an, wenn das Brett lang ist und man der Kugel anmerkt, sie möchte links oder rechts abirren, aber die eingeborene Gewalt zwingt sie zum Ausharren, zum Bleiben auf der rechten Bahn. Es hat was Symbolisches oder Pädagogisches oder meinetwegen auch Politisches.“[13]
„Ja, Gemüsebau“, sagte sie, „das ist eine wunderbare Sache, daran hat man eine wirkliche Freude. Kloster Wutz ist eigentlich eine Gartengegend; unser Spargel ist denn auch weit und breit der beste, und meine gute Schmargendorf hat Artischocken gezogen so groß wie ’ne Sonnenblume. Freilich, es will sie keiner so recht, und alle sagen immer: ‚Es dauert so lange, wenn man so jedes Blatt nehmen muß, und eigentlich hat man nichts davon, auch wenn die Sauce noch so dick ist.’ Viel mehr Glück hat unsre alte Schimonski mit ihren großen Erdbeeren – ich meine natürlich nicht die Schimonski selber; sie selber kann gar nichts, aber sie hat eine sehr geschickte Person -, und ein Berliner Händler kauft ihr alles ab, bloß daß die Schnecken oft die Hälfte jeder Erdbeere wegfressen. Man sollte nicht glauben, daß solche Tiere solchen feinen Geschmack haben. Aber wenn es wegen der Schnecken auch unsicher ist, Dubslav, du solltest solche Zucht doch auch versuchen. Wenn es einschlägt, ist es sehr vorteilhaft. Die Schimonski wenigstens hat mehr davon als von ihren Hühnern, trotzdem sie gut legen. Denn mal sind sie billig, die Eier, und dann wieder verderben sie, und die schlechten werden einem berechnet und abgezogen, und die Streiterei nimmt kein Ende.“[14]
Wohin man sehen mochte, zwischen den hohen Sträuchern hing das Gespinst der Jungfernrebe, über den mit Gras bewachsene Steigen in den rotblühenden Himbeerbüschen hatten die Wespen ihre pappenen Nester aufgehangen. Obwohl seit Jahren keine pflegende Hand dort gewaltet so wuchs doch alles in der größten Üppigkeit durcheinander, und mittags in der schwülen Sommerzeit, wenn Jasmin und Kaprifolien blühten, lag die alte Heuberg wie im Duft begraben. Anne Lene und ich drangen gern aufs Geratewohl in diesen Blütenwald hinein, um uns den Reiz eines gefahrlosen Irregehens zu verschaffen, und nicht selten glückte es, dass wir uns nach der feuchten Laube im Winkel des Gartens hinzuarbeiten meinten und statt dessen unerwartet vor dem alten Pavillon standen, welcher jetzt zur zeitweisen Aufbewahrung von Sommerfrüchten diente. Dann sahen wir durch die erblindeten Fensterscheiben nach dem zärtlichen Schäferpaar hinüber, das noch immer, wie vor Jahren, auf der Mitte der Wand im Grase kniete, und rüttelten vergebens an den Türen, welche von der alten Wieb sorgfältig verschlossen gehalten wurden; denn der Fußboden drinnen war unsicher geworden, und hier und dort konnte man durch die Ritzen in den Dielen auf das darunter stehend Wasser sehen.[15]
Die Luft war erfüllt von dem starken Herbstdufte der Reseda, welcher sich von dem sonnigen Rondell aus über den ganzen Gart hin verbreitete. Hier, an dessen rechten Seite bildete die Fortsetzung des Buchenganges eine Nachahmung des Herrenhauses: die ganze Front mit allen dazugehörigen Tür- und Fensteröffnungen, das Erdgeschoß und das obere Stockwerk, sogar der stumpfe Turm neben dem Haupteingange, alles war aus der grünen Hecke herausgeschnitten und trotz der jahrelangen Vernachlässigung noch gar wohl erkennbar; davor breitete sich ein Obstgarten von lauter Zwergbäumen aus, an denen hie und da noch ein Apfel oder eine Birne hing. Nur ein Baum schien aus der Art geschlagen, denn er streckte seine vielverzweigten Äste weit über die Höhe des grünen Laubschlosses hinaus. Die Dame blieb bei diesem stehen und warf einen flüchtigen Blick umher; dann setzte sie den geschmeidigen Fuß in die unterste Gabel des Baumes und stieg leicht von Ast zu Ast, bis die Umgebung der hohen Laubwände ihren Blick nicht mehr beschränkte.[16]
Der Garten lag drei Stufen tiefer, die Treppe war an beiden Seiten mit buntem, chinesischem Geländer versehen. Zwischen zwei von niedrigem Buchs eingefaßten Rabatten führte ein breiter, mit weißen Muscheln ausgestreuter Steig nach einer Lindenlaube, davor zwischen zwei Kirschbäumen hing eine Schaukel; zu beiden Seiten der Laube an der hohen Gartenmauer standen sorgfältig aufgebundene Aprikosenbäume. – Hier konnte man sommers in der Mittagsstunde deinen Urgroßvater regelmäßig auf und ab gehen sehen, die Aurikeln und holländischen Tulpen auf den Rabatten ausputzend oder mit Bast an weiße Stäbchen bindend.[17]
Mir fällt ein, daß ich einmal an dem und dem Garten vorbeizugehen kam, wo über Rosen und Lilien glühend rotes Abendgewölke schwamm. Ich meine, daß angesichts sommerlich-bäuerischer Gärten, die so voll üppig blühender, kräftig, oft sogar wilder Phantasie-Schönheit sind, sich die Seele nach irgendeinem Indien oder auf einer Südseeinsel versetzt fühlen kann. Vor einem ländlichen Garten denke ich unwillkürlich an eine gesunde, prächtig gekleidete wohlhabende Bauersfrau. Gewänder, schöne Tücher, frische Gesichtsfarbe haben, wie mir scheint, mit Blumen einige Ähnlichkeit. [18]
Gärten laden dich zur Vergnügtheit, zum Spielen, zum Sitzen auf einer Bank oder in einem Schaukelstuhl ein, wobei es vorkommen kann, daß das Schöne und Angenehme ermüdet Anderseits sehnen sich gerade Müde nach dem lispelnden Erfrischenden, dem Wohnen in gartenumgebenden Häusern, worin die Stuben voll Licht und Klarheit sind.[19]
Das Leben läßt die Gärten und die Gedanken, die man darin hat, die Spiele, die man in ihnen spielt, die Erholungen, die mit dem Grün, diesem idealistisch berührenden Luxus, verbunden sind, indem es uns zu tändeln gestattet, ernsthaft zu.[20]
Durch die Hecke hindurch sah man im Innern des Parks eine Allee, die mit Jasmin, Stiefmütterchen und Verbenen eingefaßt war, zwischen denen Levkojen ihre taufrischen Täschchen in einem wie altes Corduanleder duftenden und etwas vergilbten Rosa öffneten, während auf dem Kiesweg ein langer grüngestrichener Gartenschlauch in vielen Windungen sich hinzog und aus seinen Öffnungen über den Blumen, deren Duft er durchfeuchtete, den senkrecht aufgestellten, als Prisma wirkenden Fächer seiner in allen Farben spielenden Tröpfchen aufsteigen ließ.[21]
Bescheiden erzählte sie von dem kleinen >Pfarrgärtchen<, das hinter dem Hause gelegen sei und das sie jeden Morgen direkt durch ein Pförtchen aufsuche; sie begebe sich noch im Morgenkleid dorthin, um die Pfauen zu füttern, nach frisch gelegten Eiern zu sehen und Zinnien oder Rosen zu schneiden, um auf der Tafel nachher für die Oeufs à la crème oder den gebackenen Fisch eine Blumenbordüre zu haben, die sie an ihre Alleen erinnerte. „Es stimmt, daß wir viele Rosen haben, sagte sie, unser Rosengarten ist fast zu nahe beim Wohnhaus. Es gibt Tage, wo mir das Kopfschmerzen macht. Das ist angenehmer auf der Terrasse von La Raspelière, zu der der Wind den Rosenduft trägt, aber doch nicht mehr in so betäubender Stärke.“[22]
[1] Elizabeth von Arnim, Elizabeth und ihr Garten, Roman, Aus dem Englischen von Adelheid Dormagen, insel taschenbuch, 1990, Seite 8
[2] Elizabeth von Arnim, Elizabeth und ihr Garten, Seite 12
[3] Elizabeth von Arnim, Elizabeth und ihr Garten, Seite 16 - 17
[4] Elizabeth von Arnim, Elizabeth und ihr Garten, Seite 45 - 46
[5] Elizabeth von Arnim, Elizabeth und ihr Garten, Seite 21 - 22
[6] Elizabeth von Arnim, Elizabeth und ihr Garten, Seite 48 - 49
[7] Elizabeth von Arnim, Elizabeth und ihr Garten, Seite 50
[8] Virginia Woolf, Der Suchscheinwerfer, Erzählungen und Skizzen, Büchergilde Gutenberg, 1990, Seite 24 - 25
[9] Oscar Wilde, Das Bildnis des Dorian Gray, Aus dem Englischen von Hedwig Lachmann und Gustav Landauer, Insel-Verlag, Taschenbuch 2574, Erste Auflage 1999, Seite 23
[10] Theodor Fontane, Der Stechlin, Herausgegeben und mit Anmerkungen von Hans-Heinrich Reuter, mit einem Nachwort von Thomas Mann, Werkausgabe in fünf Bänden, Band V, Diogenes Taschenbuch, 1983, Seite 69
[11] Theodor Fontane, Der Stechlin, Seite 85
[12] Theodor Fontane, Der Stechlin, Seite 91
[13] Theodor Fontane, Der Stechlin, Seite 92
[14] Theodor Fontane, Der Stechlin, Seite 281-282
[15] Theodor Storm, Novellen aus den Jahren 1847-1863, Droemersche Verlagsanstalt 1946, Auf dem Staatshof, Seite 59
[16] Theodor Storm, Novellen aus den Jahren 1847-1863, Droemersche Verlagsanstalt 1946, Im Schloß, Seite 83
[17] Theodor Storm, Novellen aus den Jahren 1847-1863, Droemersche Verlagsanstalt 1946, Im Saal, Seite 10
[18] Robert Walser, Das Gesamtwerk, Poetenleben, Seeland, Die Rose, Band III, Verlag Helmut Kossodo, 1967, Seeland: Naturstudie, Seite 187
[19] Robert Walser, Das Gesamtwerk, Maskerade, Prosa aus der Berner Zeit (II), Verlag Helmut Kossodo, Band XI, 1968, Wissen und Leben: GÄRTEN, Seite 187
[20] Robert Walser, Das Gesamtwerk, Maskerade, Prosa aus der Berner Zeit (II), Verlag Helmut Kossodo, Band XI, 1968, Wissen und Leben, GÄRTEN, Seite 189
[21] Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, In Swanns Welt I, werkausgabe edition suhrkamp, deutsch von Eva Rechel-Mertens, 1970, Stadtbücherei Gerlingen, Seite 188
[22] Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, Sodom und Gomorra I, werkausgabe edition suhrkamp, 1964, Eva Rechel- Mertens, Seite 296-297, Stadtbücherei Gerlingen